Wenn der Schulstress einen mal wieder komplett überrennt, hat man als SchülerIn manchmal diese Momente, dass man sich einfach nur noch sehnlichst wünscht, nicht mehr in die Schule zu müssen.
Natürlich geht das auch mir an manchen Tagen so, dennoch denke ich, dass man dabei auch schnell vergessen kann, was für ein Glück wir in Deutschland haben, dass alle Menschen in die Schule gehen dürfen. Denn leider gibt es viele andere Länder, in denen nicht alle Kinder die Möglichkeit einer Schulbildung erhalten.
Laut der Studie ,,Out of School Children: Afghanistan Country Study‘‘ von UNICEF und dem Bildungsministerium in Afghanistan gehen dort fast die Hälfte aller Kinder nicht zur Schule, obwohl die Anzahl an SchülerInnen zwischen 2001 und 2016 von einer Million auf 9,2 Millionen angestiegen ist.
Der anhaltende Konflikt im Land mit den Taliban und die dadurch verursachte Unsicherheit sind einerseits Gründe für den Mangel an Schulbildung. Aber auch die wenig ausgebaute Infrastruktur und dass es nur sehr wenig Schulen sowie LehrerInnen gibt, hindern an Fortschritt.
Mädchen sind aufgrund der prinzipiellen Benachteiligung von Frauen im Land noch stärker betroffen und durchschnittlich 60 Prozent der Kinder, die keine Schule besuchen, sind weiblich. In einigen Regionen gehen bis zu 85 Prozent der Mädchen nicht zur Schule und ohne Schulbildung sind Kinder verstärkt der Gefahr, missbraucht oder ausgebeutet zu werden, ausgesetzt.
Im August letzten Jahres jedoch konnte die Taliban die Regierung in Kabul, der Hauptstadt Afghanistans, erneut stürzen, nachdem der amerikanische Truppenrückzug aus dem Land angekündigt worden war und sie nach ersten Besetzungen von Städten und Provinzen nicht von der afghanischen Armee aufgehalten werden konnten. Als der afghanische Präsident Ashraf Ghani ins Ausland geflohen war, wurde kurz danach am 15. August der Präsidentenpalast eingenommen.
Seitdem ist das Land erneut unter islamistischer Regierung und die Folgen sind drastisch. Die bereits kritische wirtschaftliche Lage ist noch verschärfter, wodurch eine Versorgungskrise der Bevölkerung zu erwarten ist. Auch die Corona-Pandemie sorgte für eine Verschlechterung der bereits stark angespannten humanitären Notlage.
Allgemein haben politische Gewalt und Menschenrechtsverletzungen in den letzten Monaten zugenommen und bei den Beschränkungen politischer und persönlicher Freiheiten sind nicht nur ethnische und religiöse Minderheiten, sondern auch Frauen und Mädchen besonders betroffen.
Nach der Machtübernahme im letzten Jahr waren alle Schülerinnen ab dem 12. Lebensjahr vom Unterricht ausgeschlossen, jedoch hatten die Taliban unter dem Druck des Auslands das Versprechen abgegeben, bis Mitte März diesen Jahres die vorher geschlossenen Mädchenschulen wieder zu öffnen und Mädchen ab der 7. Klasse den Besuch des Schulunterrichts erneut zu gewähren.
Nachdem die Schulen bereits wieder für ein paar Stunden geöffnet hatten, zog die Taliban allerdings ihr Versprechen ohne Begründung zurück und Mädchen wird seitdem immer noch der Schulunterricht verwehrt. Weltweit sind die Reaktionen der Regierungen von Enttäuschung geprägt und auch Malala Yousafzai, die Friedensnobelpreisträgerin, welche mit 15 Jahren ein Attentat der Taliban in Pakistan trotz schwerer Schussverletzungen überlebt hatte, versuchte Hoffnung für die Afghaninnen zu schaffen. Denn sie sei der Ansicht, dass es heutzutage schwieriger sein wird Mädchen Bildung zu verwehren, als es 1996 während der ersten Machtübernahme der Taliban war, da unter anderem die afghanischen Frauen und Mädchen durch den vermehrten Zugang zu Bildung in den letzten Jahren an Selbstbewusstsein und Kampfgeist dazu gewonnen haben sollen.
Dass diese Hoffnung nicht unbegründet ist, erkennt man daran, dass bereits mehrere Netzwerke gegründet wurden, durch welche Mädchen Bildung auch zu Hause erhalten können, z.B. durch die Online Schule „Shahmameh“, welche bereits mehr als 1500 Schülerinnen den Unterricht ermöglicht.
Abschließend kann ich aus meiner Sicht sagen, dass eine solch erschütternde Situation einem sehr gut vor Augen führen kann, wie froh man sein sollte in einem Land leben zu dürfen, wo man nicht Angst haben muss, dass man seiner Menschenrechte beraubt wird, und ich hoffe zutiefst, dass die Afghaninnen wieder die Chance bekommen, zur Schule zu gehen und dass die allgemeine Situation im Land sich nicht noch mehr verschärft.