Das Wort zum verkehrsfreien Sonntag

Unter autofreien Tagen versteht man ein Datum, an dem festgelegt wird, dass Autofahren nur Taxis, Ärzten und Autos mit Sondergenehmigung für beispielsweise Frischware-Lieferanten erlaubt ist. Private Personenbeförderung beschränkt sich an diesen Tagen also auf öffentliche Verkehrsmittel wie Busse und Züge oder alternative Möglichkeiten wie Fahrräder oder Skateboards. Beförderungsmittel auf die die Bürger auswichen waren am ersten autofreien Sonntag auch beispielsweise Pferdekutschen.


Dieser fand am 25. November 1973 statt und ihm folgten 3 weitere autolose Sonntage am 2., 9. Und 16. Dezember 1973. Die Schweizer Regierung erlies bereits 1956 ein ähnliches Fahrverbot für vier Sonntage um der Sueskrise entgegen zu wirken. Im Energiesicherungsgesetz vom 9. November 1973, mit dem West-Deutschland auf die Öl-Krise reagierte, wurden nicht nur die vier Sonntage, sondern auch Tempolimits verhängt. So sollte den steigenden Treibstoff und Heizölpreisen entgegengewirkt werden. Durch diese Ölknappheit, die unter anderem durch den Jom-Kippur-Krieg ausgelöst wurde, wurde der BRD die Abhängigkeit vom Erdöl klar und Energieeinsparung und Nachhaltigkeit wurden hitzig diskutiert. Nachdem die autofreien Sonntage abgehandelt waren, stand ein teilweises Verkehrsverbot im Raum, bei welchem abwechselnd Autos mit geraden und ungeraden Nummern auf den Kennzeichen an Sonntagen die Straße befahren dürften. Dies wurde nie durchgesetzt und der bundesweite verkehrsfreie Sonntag wurde wieder abgeschafft.


Diese Situation kommt uns auch heute bekannt vor, denn gerade jetzt haben wir in Deutschland durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine mit steigenden Preisen sowie Mangel an Heizöl und Treibstoff zu kämpfen. Könnten verkehrsfreie Sonntage dieses Problem lösen?


Die Einführung eines solchen Tages erscheint zuerst nutzlos, weil die am Sonntag geplanten Fahrten auf einen anderen Wochentag verlegt werden und somit keineswegs der Verkehr reduziert, sondern viel mehr unter der Woche verdichtet wird. Dies wird auf einige Fahrten mit Sicherheit zutreffen, jedoch geht es beim verkehrsfreien Sonntag eher darum unnötige Fahrten, die vielleicht ohnehin mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden könnten, zu ersetzen.


Zudem wird die Freiheit von Menschen, die viel Arbeiten und so nur am Wochenende freie Zeit für Besorgungen und Hobbys haben stark eingeschränkt und könnte sich durch die fehlende Bewegungsfreiheit negativ auf die „Work-Life-Balance“ auswirken. Ganz im Gegenteil ergab sich für viele Anwohner durch die Autofreien Sonntage in der Vergangenheit eine neue Art der Ruhe, durch den reduzierten Verkehrslärm und den dadurch erhöhten Freizeitwert.


Außerdem fragt man sich ob die zusätzliche Belastung der Polizei durch Kontrollen der Sonderfahrterlaubnis tatsächlich durchgeführt werden kann, wenn man den starken Personalmangel bedenkt. Gleichzeitig sollte man die voraussichtlich stark sinkende Zahl der Verkehrsunfälle an den besagten Sonntagen beachten, welche die Polizei stärker Entlasten als einige Kontrollen sie je belasten könnten. Wobei falls jener Fall dennoch eintreten sollte, neue Arbeitsplätze durch einen Nebenjob als Verkehrskontrolleur geschaffen werden könnten.


Am wichtigsten ist die Schwächung der Wirtschaft durch die Konsumverlagerung der Bürger. Freizeitangebote und Gastronomien könnten in weitem Maße kaum bestehen, wenn die „Sonntagsausflüge“ als Haupteinkommensquelle plötzlich wegfallen würden. Entgegenzustellen ist hier der stark verringerte Benzinverbrauch, welcher 1973 beispielsweise um 7-12% gesunken ist. Dies lag neben erhöhtem Bewusstsein mit Sicherheit auch an den verkehrsfreien Sonntagen. Reicht das Benzin eines Tages in Deutschland nicht mehr aus, ist ein Wirtschaftszusammenbruch vorprogrammiert, allein durch gestörte Lieferketten und Arbeitnehmern, welche nicht zu ihrem Arbeitsplatz gelangen können. Im Gegensatz zu einem solchen Fall, der durch autofreie Sonntage mit vorgebäugt werden könnte, kann man Konsumverlagerungen an Sonntagen eher in Kauf zu nehmen. Zusätzlich kann der verkehrsfreie Sonntag einen vollkommen neuen Konsum mit sich bringen, da auf Straßen beispielsweise Märkte stattfinden können, ein Theater auf der Autobahn, Wanderungen über Bundesstraßen; die Möglichkeiten sind grenzenlos.


Nicht zu vergessen ist auch der Umweltaspekt und die Reduktion des Treibhausgasausstoß durch den verminderten Kraftstoffverbrauch. Dies könnte Deutschland näher an das Klimaziel bringen und als Vorbild für weiter Staaten wirken. So werden auch andere Länder das Klima durch diese Maßnahme schützen, wenn sie die positiven Auswirkungen an Deutschland sehen.


Die Einführung des bundesweiten, verkehrsfreien Sonntages könnte als ein Teil der Lösung der Energiekrise agieren. Da 1973 schon vier Sonntage ausreichten um einen sichtbaren Effekt zu erzielen, wäre es eine denkbare Methode beispielsweise jeden ersten Sonntag des Monats als verkehrsfrei zu deklarieren. Wer aber schon jetzt Teil der Bewegung sein möchte sollte sich den 22. September notieren. An diesem Tag werden Europa weit Innenstädte und Straßen gesperrt um den autofreien Sonntag zu feiern. Außerdem kann man jeden Tag verantwortungsvollen Entscheidung zwischen Auto, Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln treffen und somit schon heute der Umwelt und dem Treibstoffmangel entgegenwirken.


Quellen:
Autofreier Sonntag – Tag ohne Autoverkehr | KLUGO
Vor 40 Jahren: Erster autofreier Sonntag in Deutschland | bpb.de